Prof. Dr. Andreas Kaminski

Prof. Dr. Andreas Kaminski

Ich bin Professor für Wissenschafts- und Technikphilosophie, womit einer meiner Arbeitsschwerpunkte genannt ist. Hier interessiere ich mich vor allem für die Rolle der Technik in den Wissenschaften, insbesondere vor dem Hintergrund computationaler Methoden (Simulation und maschinelles Lernen). Einen zweiten Schwerpunkt bildet die Philosophie von Vertrauen und Zeugenschaft (Was charakterisiert Vertrauen als Beziehungsform?), wobei ich auch zu Fragen der Täuschung und Desinformation arbeite. Mehr zu meinen Forschungsinteressen findet sich weiter unten.

Ich habe Philosophie in Berlin und Darmstadt studiert. Meine Promotion schloss ich dort 2008 mit der Arbeit Technik als Erwartung ab. Seit 2014 habe ich am Bundeshöchstleistungsrechenzentrum in Stuttgart (HLRS), wo vor allem komplexe Computersimulationen erforscht und berechnet werden, eine Abteilung für Philosophie computerbasierter Wissenschaft aufgebaut und geleitet, inklusive zweier Nachwuchsforschungsgruppen. Im SoSe 2020 war ich zunächst als Vertretungsprofessor und seit dem SoSe 2021 als Gastprofessor an der RWTH Aachen. Habilitiert wurde ich 2021 in Marburg mit der Arbeit Die verwickelte Einfachheit von Vertrauen – und ihre spekulative Struktur.

Ich bin Mitherausgeber des Jahrbuch Technikphilosophie, Redaktionsmitglied der Zeitschrift Philosophy and Society. Ferner bin ich Kuratoriumsmitglied der Akademie Schloss Solitude, wissenschaftlicher Beirat des IFDT, Mitglied der AIEI Impact Group sowie der Deutschen Gesellschaft für phänomenologische Forschung (DGPF). Ich war von 2014-2018 Sprecher des DFG-Netzwerks Geschichte der psychologischen Prüfungstechniken 1900 bis 2000, Mitglied des DFG-Netzwerks Affect- and Psychotechnology Studies (2016-2018), der TWG Trusted Information am EU Observatory for ICT Standards (EUOS), des Arbeitskreises Lebensformen in digitalisierten Lebenswelten am KIT sowie verschiedener Arbeitskreise des VDI und VDE.

Forschungsprofil

Meine Arbeit weist drei Schwerpunktbereiche auf:

(1) Technische Epistemologie: Die klassische Epistemologie geht implizit von einer Person aus, die etwas erkennt. Fragen der Technik spielten für lange Zeit kaum eine Rolle in der Epistemologie und Wissenschaftsphilosophie. Blicken wir jedoch in Labore, dann zeigt sich, wie fortgeschritten die Technisierung der Forschung ist. In der technischen Epistemologie soll dagegen die Rolle der Technik in Erkenntnisprozessen beleuchtet werden. Wie verändert sich „Science“ etwa, wenn sie zur „computational Science“ wird, indem Simulation und maschinelles Lernen ihre zentralen Methoden darstellen? Wie müssen wir epistemische Grundbegriffe (wie Rechtfertigung oder Verstehen) denken, wenn computerintensive Verfahren zentral geworden sind?

(2) Soziale Epistemologie: Eine zweite revisionsbedürftige Annahme der klassischen Epistemologie betrifft den Punkt, dass es eine Person ist, die etwas erkennt. Erkenntnisprozesse erfolgen jedoch nie in einem sozialen Vakuum. Die Rolle der Sozialität wurde traditionell, wenn überhaupt, aber eher als ein verzerrender Faktor aufgefasst (Blickverengung durch Tradition und Vorurteile). Blickt man auf heutige Forschungsprozesse, zeigt sich, wie weit entfernt diese Vorstellung von der tatsächlichen Wissenschaftspraxis ist. In dieser arbeiten in aller Regel Forschungsgruppen im Verbund mit anderen Forschungsgruppen zusammen, die wiederum Teil von Forschungsgemeinschaften sind. Doch wie lässt sich diese Sozialität von Erkenntnisprozessen verstehen? Und welche Rolle spielen Vertrauen und Zeugenschaft in ihr? Wie können wir das Vertrauen in Wissenschaft oder den Zusammenhang von Desinformation und Technik verstehen?

(3) Sozialverhältnisse im Spiegel von Mess- und Prüfungstechniken: Um 1900 vollzieht sich ein Wandel in der Weise, wie Personen sich selbst und andere zu erkennen suchen. An die Stelle von Introspektion oder charakterologischer Beschreibung treten Mess- und Prüfungstechniken, zunächst in der Form von Intelligenz- und Eignungstests, später auch Persönlichkeits- und Kompetenzprüfungen. Wie verändern sie Selbst- und Fremdverhältnisse? Wie werden in der Folge Chancen und Möglichkeiten von Individuen in der Gesellschaft gestaltet?

Aktuelle Forschungsschwerpunkte

- Vertrauen und Vertrauenswürdigkeit als Tugenden

- Vertrauen und Misstrauen in Modelle

- Vertrauen, Technik und Desinformation